Unser nächster Stopp in Chile war Puerto Natales, ein verschlafenes Städtchen, das vor allem als Ausgangspunkt für den Nationalpark Torres del Paine Bedeutung erlangt hat. Unser Reiseführer schreibt, dieser Nationalpark sei der schönste des Kontinents, und wir hatten entsprechende Erwartungen. Diese sollten nicht enttäuscht werden. Viele Reisende, die wir unterwegs getroffen hatten, hatten uns ausserdem gesagt, dass das Wetter hier sehr wechselhaft und unbeständig sein kann. Teilweise könne man alle vier Jahreszeiten an einem Tag erleben ...
Wir planten eine Wanderung von fünf Tagen um die drei Highlights des Parks zu sehen: Gletscher Grey, die Cuernos und die namensgebenden Torres del Paine. Um möglichst leichte Rucksäcke zu haben, nahmen wir wirklich nur das Nötigste mit und schränkten uns auch beim Essen etwas ein. Wegen des unsicheren Wetters haben wir aber Essen für sechs Tage eingepackt. Wir hätten also bei zu schlechtem Wetter auch mal einen kompletten Tag im Zelt verbringen können. Aus demselben Grund haben wir als einzigen „Luxus“ zwei Bücher mitgetragen.
Am ersten Tag reisten wir mit Bus und Katamaran an den Ausgangspunkt unserer Tour. Die erste Wanderung führte uns durch sehr schöne und abwechslungsreiche Landschaft: Seen teilweise mit riesigen Eisblöcken, Graslandschaft (wir litten stark unter Heuschnupfen), dann wieder Blumen in kräftigen Farben, schwarze Bäume als Erinnerung an einen Waldbrand im Park und das Ganze eingerahmt von eindrücklichen, mit Schnee und Eis bedeckten Bergspitzen. Gegen Ende der vierstündigen Wanderung konnten wir den riesigen Gletscher Grey sehen. Das Imposante dabei war, dass dieser direkt in den See Grey abfällt und gegen hinten als endlos erschien (zumindest bei Nebel). Wir waren froh, unseren Rucksack für diesen Tag ablegen zu können. Man muss sich an den schweren Rucksack immer wieder neu gewöhnen und zum Glück würde er ja kontinuierlich leichter werden. Auf dem Zeltplatz hatte es geschätzte 83 weitere Zelte, wir waren also bei weitem nicht alleine. Den schönsten Nationalpark Südamerikas lässt schliesslich niemand aus.
Der erste Blick vom Katamaran aus auf das Massiv, das wir bei unserer Wanderung halb umrundeten |
Diese Farben! |
Lago Grey mit dem Gletscher Grey im Hintergrund |
Am nächsten Tag gingen wir zuerst ein Stückchen weiter in die gleiche Richtung, um so noch bessere Ausblicke auf den Gletscher zu erhalten. Leider war das Wetter etwas verhangen, sodass das Ausmass des Gletschers nicht vollständig ersichtlich war. Trotzdem war es eindrücklich, wie sich dieses riesige, zerklüftete Eisfeld unter uns ausbreitete und dann abrupt in den See abbrach. Später kehrten wir zum Zelt zurück und wanderten weiter zum nächsten Campingplatz. Schon beim Anmarsch zu diesem wurde uns aber schnell klar, dass dies an jenem Tag keine gute Idee war: Der Wind war viel zu stark und böig, sodass wir mehr stolperten als wanderten. Wir entschlossen uns kurzerhand, zusätzliche zweieinhalb Stunden zu gehen und auf dem nächsten Zeltplatz zu übernachten. Dadurch wurde dieser Tag ziemlich anstrengend und wir setzten den ersten Joker ein: eine Packung Kokosnusskekse. Der starke Wind war auch auf dem letzten Teil unserer Wanderung ein treuer Begleiter und liess auch auf dem Zeltplatz nicht nach.
Der Übergang vom Gletscher Grey zum Lago Grey |
Am dritten Tag wanderten wir durch das sogenannte „Valle frances“ (französisches Tal) zu einem Aussichtspunkt hoch. Der Aufstieg an sich hat uns schon sehr gut gefallen. Das Tal wird von einem türkisblauen Wildbach bestimmt und die Vegetation ist sehr üppig mit zahlreichen grünen Bäumen, in starkem Kontrast zum ersten Teil unserer Wanderung. Vom Aussichtspunkt konnten wir die „Cuernos“ (Hörner) bei blauem Himmel sehen. Beim Abstieg verschlechterte sich das Wetter dann leider schnell und wir wurden das erste Mal verregnet. Aus diesem Grund entschieden wir uns, eine weitere Nacht auf demselben Zeltplatz zu bleiben.
Wir und die Cuernos |
Am folgenden Tag stand wieder eine lange Strecke an und wir brachen früh auf. Trotz anfänglich gutem Wetter waren wir letztlich einige Zeit bei Regen unterwegs. Wir waren uns den Regen mit der Zeit so gewohnt, dass wir (aus Platzgründen) auch im Regen gekocht, gegessen und uns ausgezeichnet mit zwei Engländern unterhalten haben.
Man sieht mir gar nicht an, dass wir soeben im Regen essen mussten :- |
Am letzten Tag stiegen wir zu den Torres del Paine hoch, die dem Park den Namen geben und wohl das Highlight unserer Wanderung waren. Wir hatten diesmal riesiges Glück mit dem Wetter und konnten die Granittürme und den türkisen Bergsee vollständig und bei Sonne sehen. Die meisten Parkbesucher stehen sehr früh auf, um die Torres bei Sonnenaufgang zu sehen. Wir konnten uns dazu nicht durchringen. Zum Glück, denn letztlich hatten wir viel die bessere Sicht als bei Sonnenaufgang. Nach dem Abstieg haben wir den Park mit dem Bus wieder nach Puerto Natales verlassen.
Das Essen hat genau gereicht. Wir konnten am letzten Tag so richtig schlemmen, da wir keinen Schlechtwettertag eingezogen hatten und in den geplanten fünf Tagen durchkamen. Beim Warten auf den Bus haben wir die letzte Polenta mit Käse und Thunfisch verzehrt. Ich bin mir sicher, die anderen Besucher waren da ziemlich neidisch auf uns. In den Tagen zuvor hatten wir viel über das Essen gesprochen, den Energiegehalt verschiedener Nahrungsmittel verglichen und uns ab und zu ein Cordon bleu herbei gewünscht. Ich liess mich sogar beim Suppenwürfel Essen erwischen ;-)
Ein Guanako. Diese sehen wir auch auf Busfahrten sehr häufig. |
Idyllische Steppenlandschaft vor dem Nationalpark |